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„Das schönste an dir bist du.“ Melanie Hauptmanns über Selbstliebe und Grenzensetzen

Aktualisiert: 22. Sept.


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Bereits als Kind bekam Melanie Hauptmanns zu hören, dass sie nicht perfekt sei. Heute hat sie als Curvy-Model „Deutschlands schönste Kurven“, ist Moderatorin und erfolgreiche Influencerin für Bodypositivity. Im Gespräch mit ihr wird ihre Botschaft deutlich: Du darfst glücklich sein, so wie du bist! Ihr Buch „Fräulein Kurvig“ handelt von der Entdeckung der Selbstliebe. Was war Ihr persönlicher Auslöser, sich von gesellschaftlichen Schönheitsidealen zu lösen und Ihren eigenen Körper zu lieben?

Es gibt nicht den einen Moment, in dem die Bombe geplatzt ist, ich aufgesprungen bin und plötzlich war alles gut. Es ist mehr eine Zusammenhäufung vieler kleiner Momente, bis das Fass irgendwann überlief. Ich habe für mich den Entschluss gefasst, dass ich mich nicht mehr unterordnen will, wie es die Gesellschaft und mein Umfeld von mir erwarten, nur weil ich vermeintlich nicht perfekt war. Ich habe erkannt, dass niemand perfekt ist. Jeder hat eine Baustelle an sich, von der er oder sie sich herunterziehen lässt. Bei mir ist es eben sehr offensichtlich, weil ich mehrgewichtig bin. Ich war aber nicht bereit, mir aufgrund meines Mehrgewichts einzureden, dass ich nicht ausreiche mich zurückziehen muss. Ganz im Gegenteil: ich bin ein schöner Mensch und muss mich nicht verstecken, nur weil ich mehrgewichtig bin. Ich gehe nach draußen, weil ich gut bin, wie ich bin, mit allen Ecken und Kanten, die ich habe. Ich bin ein Mensch, der vollwertig ist und so leben darf.


Viele Frauen sind von unrealistischen Schönheitsstandards geprägt. Welche Rolle spielt Body Positivity in Ihrer Mission, Frauen zu ermutigen, ihre Körper zu lieben, statt ständig Diäten nachzujagen?

Unsere Gesellschaft redet uns seit unserer Kindheit ein, dass wir nicht gut genug sind. Es gibt eine ganze Industrie, die uns Produkte verkauft, die uns vermeintlich besser machen sollen. Sie verbreitet ein großes Seelenleid unter Menschen, die sich ihr Leben lang an Diäten festhalten. Aber bei Body-Positivity geht es nicht nur um Mehrgewichtigkeit. Ich finde es wichtig, dass wir uns von diesem Gedanken befreien. Es gibt viele Menschen, die sich seit ihrer Kindheit eine geradere oder schmalere Nase wünschen. Und ich finde, wir dürfen auch einer Optimierung entgegenstreben und sagen: Ich leide unter meiner Nase und lasse mich deshalb operieren. Es bedeutet nicht, dass man nicht body-positive ist. Das löst viele Kontroversen aus. Aber letztendlich geht es darum, den eigenen Körper zu mögen und in Einklang damit zu sein. Wenn wir mit Hass auf unsere Nase blicken und sie deshalb operieren, dann wird der eigene Blick weiterhin so kritisch bleiben. Es ist kein Gemälde, bei dem du so oft wegradierst und wieder neu malst, bis es funktioniert. Aber wenn du mit deinem Körper zufrieden bist und mit einem positiven Blick auf deine Nase schaust, dann wirst du auch nach einer Operation zufrieden sein. Das Ergebnis ist das gleiche. Das Einzige, was sich geändert hat ist der Blick auf dich selbst. Body-Positivity meint beides: Betrachte deinen Körper mit einem positiven Blick aber du darfst dir auch eine Veränderung wünschen und sie anstreben.


Außerdem ist das Gefühl, den eigenen Körper zu lieben, ungemein wichtig für unser Seelenheil. Gesellschaftlich geraten gerade so viele Säulen um uns herum ins Wanken. Wenn die eigene Säule auch ins Wanken gerät, weil du nicht mit dir selbst klarkommst, dann fehlt eine Konstante im Leben. Deshalb finde ich Body-Positivity so wichtig. Ich glaube, dass die Welt um uns herum besser wäre, wenn uns allen erlaubt werden würde, zufriedener mit uns selbst zu sein. Diese Erlaubnis müssen wir uns selbst geben.

Die Schauspielerin von „Baby“ aus „Dirty Dancing“ hat sich später ihre Nase operieren lassen. Danach hat man sie übrigens nie wieder in einem Film gesehen. Der Charme liegt oft im Unperfekten.


Als Curvy-Model brechen Sie mit traditionellen Vorstellungen von Schönheit. Wie hat diese Erfahrung Ihre Sichtweise auf Körperbild und Selbstakzeptanz verändert?

Ich habe gemerkt, dass das Mädchen auf dem Cover der Zeitung nicht so aussieht, wie das Mädchen, das vor mir steht. Ich arbeite viel im Fernsehen und einmal wurde ich von einer Stylistin geschminkt, die ich zuvor nicht kannte. Als ich in den Spiegel sah, habe ich bemerkt, dass ich aussehe wie die Moderatorin Katja Burkard. Die Stylistin sagte mir, dass sie Katja Burkard erst an diesem Morgen geschminkt hatte. Man konnte also anhand dessen, wie ich geschminkt war, den Stil der Make-Up Artistin erkennen. Ich fühlte mich wohl, aber ich war ein ganz anderer Mensch.


In meiner Zeit als Model habe ich all diese Menschen kennengelernt, die man sonst nur von Plakaten kennt. Und mit ihnen auch ihre Selbstzweifel, Sorgen und Nöte. Als Curvy-Model habe ich hautnah erfahren, wie uns von der Industrie ein Ideal vorgegaukelt wird, das es gar nicht gibt. Deshalb muss ich oft in mich hineinschmunzeln, wenn ich prominente Menschen sehe. Im Fernsehen sehen sie großartig aus, aber ich weiß, dass sie morgens genauso zerknautscht aufwachen, wie ich. 


Unsere Gesellschaft ist diverser geworden. Trifft das auch auf das Körperbild zu?

Body-Positivity und verschiedene Körperbilder sind immer weiter in unseren gesellschaftlichen Fokus gerückt. Aber ich habe das Gefühl, dass diese Bewegung ein Trend war und wir nun vor der Frage stehen, ob er auch anhalten kann.

In anderen Themen sind wir schon deutlich weiter. Wenn man in den 80er Jahren ein homosexuelles Pärchen in der Stadt gesehen hat, dann wurde auf sie gezeigt und geredet. Heute würde niemand etwas dazu sagen. Mit der Zeit verändert sich viel zum Positiven. Da ist es egal ob wir über Sexualität, Rassismus oder Antisemitismus reden. Natürlich sind alle diese Themen präsent und wir leben längst noch nicht in einer heilen Welt. Aber wir sind sensibler und wehren uns. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass Kommentare über dicke Personen immer noch Gang und Gebe sind. Nur wenige äußern sich dann dagegen. Im Bereich Körperbild wurde diese Sensibilität noch nicht geschaffen. Aber das kann nur mit der Zeit reifen und ich bin bereit, mich dafür einzusetzen.


Sie veranstalten Coaching-Events zum Thema Body Positivity? Gibt es echte Techniken oder wie können Frauen lernen, ihre Emotionen in Einklang mit ihrem Körperbild zu bringen?

Ein Coaching kann unterstützen, den eigenen Körper positiver wahrzunehmen. Man selbst kann sich nur subjektiv betrachten und meist fehlt da ein freundschaftlicher Blick. Das Coaching ist keine jahrelange Therapie, sondern eine vier- bis zwölf-wöchige Begleitung auf dem Weg die Betriebsblindheit gegenüber dem eigenen Körper abzulegen.


Unser Gehirn arbeitet wie ein kleiner Computer, der sich jeden Moment neu programmiert. Wenn man sich regelmäßig vor den Spiegel stellt und sich selbst auseinandernimmst, dann löst das Angst oder Trauer aus. Das Gehirn verknüpft den Blick in den Spiegel mit diesen Gefühlen. Jedes Mal, wenn ich mich im Spiegel oder auf Fotos sehe, schüttet mein Gehirn also die Hormone für diese Emotionen aus. Wenn ich mich aber nun jeden Morgen vor den Spiegel stelle, die negativen Gedanken beiseiteschiebe und eine, drei oder fünf Sachen finde, die ich an mir mag, dann werden die negativen Gedanken weniger. Nach spätestens 14 Tagen beginnt der Körper anders zu reagieren. Er schüttet das Glückshormon Dopamin aus und plötzlich finde ich mich in Fotos schön, die ich davor grauenhaft fand.


Während des Coachings geht es darum, zu realisieren, dass all diese Selbstzweifel nur eine Reaktion deines Körpers auf deine Gedanken und nichts Realistisches sind. Im Coaching ist das um einiges komplexer und geht auch auf andere Bereiche ein, wie zum Beispiel Body-Shaming. Wie suche ich ein Gespräch und erkläre den Leuten wie ich mich bei ihren Kommentaren fühle? Wie kann ich Bekannte oder meine Familie dafür sensibilisieren? Wann ergibt es Sinn diese Brücken abzubrechen? All diese Fragen sind sehr emotional aufgeladen. Genau da kann ein Coaching helfen.


Ihr Weg zur Selbstliebe ist sicherlich mit Verletzungen verbunden gewesen. Gibt es einen Punkt, an dem man sich sagt: Jetzt ist Schluss! Ich bin, wie ich bin! Können Sie hier Ihren Leserinnen Mut machen?

Es ist nie zu spät, auf den Tisch zu hauen. Bei mir war das, als ich mit Familienmitgliedern gebrochen habe. Nicht den Kontakt abgebrochen, aber ich habe eine klare Grenze gesetzt.

Das war als ich meine Tochter geboren habe. Man hat lange nicht gesehen, dass ich schwanger war, da sie sich schlichtweg im Speck versteckt hat. Ganz zum Schluss hat man dann gesehen, dass der Bauch rund wurde, wie ein richtiger Schwangerschaftsbauch. Da habe ich mich gefreut und war stolz darauf. Dann ist meine Tochter auf die Welt gekommen und jede Frau, die schonmal ein Kind bekommen hat, weiß das: Der Körper verändert sich sehr stark während der Schwangerschaft. Damit muss man klarkommen.


Drei Tage nachdem meine Tochter geboren wurde, habe ich gemerkt, wie meine Hormone überliefen sich einiges geändert hat. Da ist meine Schwiegermama zu mir gekommen und hat mich gefragt, wann ich denn meine alte Figur zurückhätte. Ich fand die Aussage interessant und hatte mir gar keine Gedanken dazu gemacht. Ich dachte, so etwas fragt man nur schlanke Frauen. Ich weiß nicht mehr, was genau ich gesagt habe, aber ich habe ein klares Statement gesetzt, dass nun eine Grenze überschritten wurde. Danach war das nie wieder ein Thema. Es waren nur engste Verwandte dabei, aber keiner der Anwesenden hat mich nochmal auf mein Gewicht oder meine Figur angesprochen.


Es gibt Momente, an denen eine Grenze überschritten wird und die muss jeder für sich selbst definieren. Das darf jeder für sich selbst in seiner Selbstliebe erkennen und sich immer wieder bewusst machen: Das schönste an dir bist du.


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