Aufgeschreckt – was Literatur bewegt!
- Molino Redakteur
- 20. Aug. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 22. Sept.

Auf der Titelseite der Stuttgarter Zeitung spekuliert der Journalist Andreas Müller, ob in unserem Molino Verlag ein zweiter Manfred Zach erscheinen würde: das Buch „Der Beamte Wieler“. Er sieht darin einen Schlüsselroman, der einen ungeschriebenen politischen Skandal aus dem Ländle behandelt:
Postenschacher wird zum Romanstoff
Politische Schlüsselromane haben in Baden-Württemberg eine gewisse Tradition. Als Altmeister des Genres gilt der einstige Regierungssprecher Manfred Zach. In seinem Buch „Monrepos oder die Kälte der Macht“ schilderte er 1996, wie es zu Zeiten der Ministerpräsidenten Filbinger (alias Breisinger) und Späth (Specht) hinter den Kulissen der Staatskanzlei zuging. Viele Jahre später verarbeitete ein Pressesprecher der Landtags-FDP, Michael Haas, seine Erfahrungen literarisch. „Kritische Masse – ein Parlamentsroman“ hieß das Werk, in dem er den Landtag als schlechtes Provinztheater porträtierte, bei dem es vor allem um Posten und Pfründe ging. Seine Hauptprotagonistin trug unverkennbar Züge des realen liberalen Fraktionschefs – wenig vorteilhafte.
Nun hat auch die ehemalige Pressechefin des Landtags, Gabriele Renz, einen Roman geschrieben. Titel: „Der Beamte Wieler – Protokoll einer Karriere.“ Noch liegt er nicht vor, doch schon die Ankündigung des Molino-Verlages ließ die landespolitische Szene aufhorchen – oder aufschrecken. Es gehe um die „Verführung von Macht und Geld im politischen Apparat“, um Opportunismus, Mobbing und Intrigen. Auch die gelernte Journalistin Renz verarbeitet offenkundig ein reales Geschehen: den steilen Aufstieg eines Beamten im Gefolge von Parlamentspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) – und dessen jähen Absturz. In kurzer Zeit hatte es der grüne Jurist bis zum Leiter einer neu geschaffenen Abteilung gebracht, aber dann verzichtete er überraschend auf den Posten und ließ sich in ein Ministerium versetzen. Bis heute sind die Hintergründe rätselhaft. Er sei in ein „parteipolitisches Scharmützel“ geraten, deutet Renz an, der düpierte Apparat habe zurückgeschlagen. „Das Buchprojekt ist bekannt“, heißt es beim Landtag, man äußere sich aber nicht dazu.
Andreas Müller, Stuttgarter Zeitung, Andreas Müller, Stuttgarter Zeitung, 13. August 202413. August 2024
Im Nachgang des Artikels korrigierte unsere Autorin Gabriele Renz ausführlich auf LinkedIn, dass es ihr nicht darum ging, einen bestimmten Fall aufzuarbeiten, sondern zeitlose Literatur zu schreiben. Es ging ihr um die menschliche Verfasstheit und nicht um die Anklage eines konkreten Falls aus unserer Gegenwart und Region:
Große Freude: Im Herbst erscheint im Molino-Verlag mein Roman „Der Beamte Wieler – Protokoll einer Karriere“. Danke für den Hinweis an Andreas Müller von der Stuttgarter Zeitung. Es geht darin um den wundersamen Aufstieg eines Beamten und ich war politische Journalistin und Leiterin der Pressestelle des Landtags – da erscheint nur logisch, den Roman in eine Reihe sogenannter Schlüsselromane zu stellen, allen voran Manfred Zachs wunderbares Buch „Monrepos“. Nur: „Der Beamte Wieler“ ist kein Schlüsselroman, neben den man ein Organigramm legen könnte. Er ist Fiktion, Satire, ein Schelmenroman. Vor allem ist er ein literarisches Amalgam meiner Erfahrungen in der Landespolitik, ja, auch im Landtag. Im Epilog schreibe ich: „Alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind reiner Zufall. Ohnehin ist die Wirklichkeit ja doch häufig viel drastischer und armseliger, als sich dies eine Autorin oder ein Autor je ausdenken könnte.“
Mein erster Roman ist „Der Beamte Wieler“ nicht, nur der erste, den ich publiziere. Es hat ungeheuren Spaß gemacht, die Geschichte zu schreiben. Das politische Milieu, gar die landespolitische Ebene, wird noch viel zu wenig belletristisch behandelt. Dabei liefert es alle Ingredienzien, die gute Stoffe/ gute Unterhaltung ausmachen.
Dieser Roman ist auch für uns ein Stück gute Literatur. Jeder Autor lässt sich von seiner Umwelt inspirieren, aber es geht nicht um Anklage oder ein Urteil, sondern um gute Unterhaltung, die mit einem Augenzwinkern die eigene Zeit veranschaulicht.


