Ein unterhaltsames literarisches Puzzle mit viel Ludwigsburger Lokalkolorit
- Tobias Prasser

- 13. Okt.
- 3 Min. Lesezeit

Andreas Hackenberg – Das Romandebüt in Ludwigsburg
Die Ludwigsburger Kreiszeitung berichtet über den Gegenwartsroman zum Mörike-Jubiläum. Ein Puzzle des literarischen Lebens in Ludwigsburg und der Liebesroman für Literaturjunkies. Herzlichen Dank für die tolle Besprechung!
Mit Mörike auf Spurensuche
Als Verleger, Antiquar und Autor hat der 1959 in Ludwigsburg geborene Andreas Hackenberg ein besonderes Verhältnis zu seiner Heimatstadt und den hier zur Welt gekommenen Dichtern. Anfang der 2000er Jahre hob er hier das Literaturfest mit aus der Taufe, und zum 150. Todestag Eduard Mörikes im Juni dieses Jahres wurde sein Roman mit dessen Namen im Titel fertig. Aber auch im Plot des Romans spielt der realistische Romantiker wichtige Rollen – nicht zuletzt in Edi, der Hauptfigur, gewissermaßen ein „Wiedergänger“ des berühmten Lyrikers und Romanciers mit Pfarrhaus-Hintergrund, der seinen Spitznamen schon zu Schulzeiten im hiesigen Mörike-Gymnasium abbekam: „Mörike“ eben.
Drei Teile hat Andreas Hackenbergs Roman, in den er viele biografische Erinnerungen aus seiner Ludwigsburger Zeit hat einfließen lassen, freilich immer im literarischen Gewand. Aus jedem Teil gab es einen Ausschnitt, der Autor saß im Ledersessel im Gewölbekeller von Heiner Beuttlers Antiquariat, auch der spielt im Roman eine Rolle. Doch davon später. Witzige Einblicke in das Gebaren literaturinteressierter Aktivisten und ihrer diversen Vereinigungen liefert das Kapitel „Mörike unter seinesgleichen“: Im Frühjahr 2004 wird im Kulturzentrum über die Bestallung eines ersten Ludwigsburger Schlossschreibers beraten (Rike Scheffler residierte als erste Stadtschreiberin in Wirklichkeit 2018 zum 300-Jahre-Stadtgründungsjubiläum in der Karlskaserne). In mehreren Sitzungen kristallisiert sich die Poetry-Slammerin Maria Droste mit ihrem Lyrik-Debüt „Den Wellen meine Seele“ als Kandidatin heraus, deren Name – Maria wie Eduard Mörikes „Peregrina“, die Kellnerin Maria Meyer aus dem „Holländer“, und Droste wie Annette von Droste-Hülshoff – gleich Wunschvorstellungen bei Edi hervorruft, der sich als Mitbegründer des Literaturzirkels „Pegasus Goes Barock“ auch schon bei Lesungen in sie verliebt hat.
Doch auch die PH-Dozentin Christine Delacroix („mit stummem e“), die in der Schlossschreiber-Jury sitzt, findet er interessant. Mit ihr durchstreift er die Schauplätze der vier Obelisk-Poeten Mörike, Vischer, Kerner und Strauß in Ludwigsburg und macht auch beim Abstecher nach Weinsberg schüchterne Annäherungsversuche. Hier enthält der Roman – wie auch später bei den Ausführungen zu den Frauen in Mörikes Leben (Cousine Clärchen, Maria Meyer, seine Verlobte Luise Rau, seine Gemahlin Margarete Speth) und dessen sechs Geschwistern – zu viel Reiseführer-Wissen, das freilich eingebunden ist in die vom auktorialen Erzähler witzig kommentierten Dialoge zwischen Edi und Christine. Auch die Poesie Mörikes wird öfters zitiert.
Im zweiten Teil „Mörike unter Verdacht“ greift Hackenberg zurück in Edis Jugendabenteuer mit seinen Freunden „Zange“ und „Tony“, in diversen Skatrunden in der Kanone gegenüber dem Mörike-Gymnasium wird intellektuell geplaudert, während in der Erzählzeit das große Literaturfest anlässlich des 200. Geburtstags Mörikes im Jahr 2004 vorbereitet wird und an einem frühen Morgen am Monrepos mit der mysteriösen Entführung der Schlossschreiberin endet. Ludwigsburger Lokalitäten wie das Flint, der Blaue Engel oder das Caligari, aber auch weitere Dichtergrößen wie Schiller, Schubart und Tony Schumacher spielen eine Rolle.
Bis der völlig betrunkene Edi auf seiner nächtlichen Odyssee über den Hohenecker Schlossberg im Schlussteil „Mörike unter Tage“ den unterirdischen Geheimgang zwischen Antiquariat und Gasthof Krone aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs und dort in Gestalt der Köchin Anna vielleicht die Liebe seines Lebens entdeckt, hat das Buch noch eine Fülle launiger Pointen. Und hier im Antiquariatssessel, wo Anna dem Edi das Bein verbindet, lässt Andreas Hackenberg seine Debüt-Lesung aus „Mörike, unter anderem …“ ausklingen. Weitere Lesungen folgen am 7. Oktober in der Stadtbibliothek (19 Uhr) und am 9. Oktober im Marbacher Antiquariat Friederich (19.30 Uhr).
Dietholf Zerweck


